Natur
Gewässer soll vom Anglerparadies zum Öko-Juwel und Touristenziel werden
Niederfischbach. Die Zeiten, als der Tüschebachs Weiher bei Niederfischbach ein Anglerparadies war, sind vorüber: Fortan soll das Gewässer mitsamt seiner Umgebung ein Biotop erster Güte und zugleich ein regionales Highlight im sanften Tourismus werden. Der seit neun Jahren überaus aktive Naturschutzverein „Ebertseifen Lebensräume “ (150 Mitglieder) mit Sitz im gleichnamigen Hof bei Katzwinkel wird den Weiher mit einer Wasserfläche von 1,5 Hektar sowie zwei Hektar Feuchtwiesen dem Kreisfischereiverein Siegerland abkaufen. Geplant ist dann eine umfassende Renaturierung des Areals: Es ist das bislang größte und ehrgeizigste Projekt des Vereins, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, ökologisch wertvolle Flächen aufzukaufen und sie langfristig als Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten zu sichern – so geschehen etwa mit den Wiesen am Hof Ebertseifen, den Hähner Fuhren bei Hahnhof und weiteren Flächen bei Locherhof.
Bei einem Pressegespräch gestern Mittag erklärten Victor Fieber und Peter Merzhäuser – zwei von drei Ebertseifen-Vorsitzende –, der Kaufpreis sei „angemessen“ und bringe den Verein finanziell nicht ins Schlingern. „Wir haben drei Jahre lang Spenden und Mitgliederbeiträge angespart“, erklärt Fieber. „Jetzt ist die Kasse auf Null.“ Der Kaufvertrag liegt beim Notar und soll vor Weihnachten unterschrieben sein. Sobald die Witterung nach dem Winter es zulässt, sollen die Arbeiten am Weiher beginnen. Und da steht so einiges an.
Vor allem muss der Damm saniert werden, der in den vergangenen Jahren immer wieder undicht war, so dass der Wasserspiegel um 40 Zentimeter abgesenkt werden musste. Die Noch-Besitzer aus Siegen hatten ein Gutachten erstellen lassen, wonach die Sanierung rund 250 000 Euro kosten würde – sicher einer der Hauptgründe dafür, warum sich der Fischereiverein für den Verkauf entschieden hat. Doch Merzhäuser und Fieber schauen sich schon nach – eventuell preiswerten – alternative Methoden um, etwa die einer kombinierten Vlies/Folien-Technik. Dabei müsste der Damm nicht halb abgebaggert und mit neuen Lehm- und Erdschichten wieder aufgefüllt werden. Zudem kann der Verein, wie bei all seinen bisherigen Projekten, auf zahlreiche fleißige Mitglieder setzen, darunter Leute wie Thomas Kaiser vom Baumarkt unterhalb des Deiches oder „Abba“ Hans Zöller aus Freusburg – die auch den entsprechenden Fuhrpark aus Baggern und Lkws mitbringen können.
Doch als allererstes will man dem Weiher einen „Mönch“ bescheren, mit dem das Wasser des Teichs reguliert abgelassen werden kann. „Bisher gibt es unverständlicherweise nur einen Bodenablauf“, erklärt Merzhäuser, „das ist wie der Stöpsel einer Badewanne: Entweder ist der Teich voll oder leer. Wenn wir ihn zu einem Mönch umbauen, muss der Weiher nie mehr komplett abgelassen werden.“ Sobald der Mönch steht, kann das Wasser zu den jeweiligen Arbeiten passend abgesenkt werden. Für die Renaturierung sollen Bagger und Raupen den Teichgrund an den Rändern aufwerfen. Die somit erzielte größere Uferlinie aus Halbinseln und Inseln wird bepflanzt; Fieber: „Es wird eine viel reichere Flora und Fauna entstehen als es an einem Fischweiher möglich ist. Auch der Kormoran ist dann willkommen…“
Ziel des Vereins ist es, den Wasserstand im Rahmen der bisherigen Genehmigung so zu belassen wie er heute ist. „Er gehört seit dem 19. Jahrhundert zum Landschaftsbild“, sagt Merzhäuser, „und wer hier im Winter Schlittschuh laufen will, kann das weiter tun.“ Hergestellt werden soll die Gewässerdurchgängigkeit für Fische und Kleinstwasserlebewesen. Und Fernziele gibt es viele: Etwa eine Förderung aus dem Landesprogramm „Aktion Blau“ und der Bau einer Fischtreppe in Form einer rauen Rampe anstelle des heutigen Ausflusses. Ach ja: Und dann wären da noch die ökologisch wertvollen Feuchtwiesen oberhalb des Weihers in Richtung Hof Rosenthal. Sie sind, wie der See, als Teil des Vogelschutzgebiets Westerwalds besonders schützenswert und wollen gepflegt werden.
„Ja, es ist das größte Projekt, das wir je angepackt haben“, sagt Fieber augenzwinkernd, „und wohl auch das letzte.“ In der Tat dürfte es sich um eine Art Generationenaufgabe handeln, die sich das Team um Peter Merzhäuser da angelacht hat. Er, der bekanntlich auch als Vorstandsmitglied im Tierpark Niederfischbach neue Wege beschritten hat, sieht beide Vereine am Tüschebachs Weiher künftig noch enger verknüpft als bisher – nicht nur, weil Fieber auch Vorsitzender im Tierparkverein ist. „Der neue Trend bei Zoos und Parks“, so Merzhäuser, „geht immer mehr dahin, nicht mehr nur Tiere zu halten, sondern auch Renaturierungsprojekte außerhalb durchzuführen.“ Entsprechend sollen Naturfreunde eines Tages – wenn die Renaturierung abgeschlossen ist – im Tierpark Gruppentickets für Führungen am Tüschebachs Weiher kaufen können. Dort geht es dann auf einem kleinen Boot durch Schilf und Röhricht, vorbei an seltenen Vögeln wie Sumpfrohrsänger, Haubentaucher, Graureiher, Kormoran und geschützten Pflanzen wie Laichkraut, Weißer Seerose, Wasserschwertlilie und Feuchtwiesenorchidee.
Autor/Quelle:
Peter Seel – RZ Kreis Altenkirchen vom Freitag, 2. Dezember 2016, Seite 23