Niederfischbach – Förderprogramm bietet viele Chancen, aber der Zustand wichtiger Straßen bleibt eine Katastrophe
Viel Neues gab es bei der Einwohnerversammlung nicht zu hören.
Wer dieser Tage wie Bürgermeister Jens Stötzel die Menschen mit Einwohnerversammlungen erreichen will, hat einen schweren Stand. Da ist zuallererst natürlich das hochsommerliche Wetter, dann läuft noch der Confed-Cup – und irgendwie gibt es derzeit auch nicht das alles beherrschende Thema in der Verbandsgemeinde Kirchen. War schon in Friesenhagen die Resonanz eher bescheiden, wurde sie gestern Abend in Niederfischbach noch deutlich unterboten. Ortsbürgermeister Matthias Otterbach hatte in der kleinen Schar von Zuhörern der gemeinsamen Versammlung von Verbandsgemeinde und Ortsgemeinde im Mehrzweckraum des Gemeindebüros nur vier Personen entdeckt, die nicht kommunalpolitisch aktiv sind.
Dabei kann man den Föschbern wahrlich nicht den Vorwurf machen, dass sie sich nicht für den eigenen Ort interessieren und lieber mit einem Bier neben dem Grill sitzen würden. Am Montag hatte es an gleicher Stelle eine Informationsveranstaltung zum Bund-Länder-Förderprogramm gegeben. „Da war die Hütte voll“, berichtete Otterbach von 60 Teilnehmern. Dies wiederum stützt die These, dass man die Bürger nach wie vor ansprechen und anlocken kann – wenn denn ein spezielles Thema auf der Agenda steht.
Mit diesem Förderprogramm, bei dem immense Zuschüsse fließen, will sich Niederfischbach bekanntlich fit für die Zukunft machen. Es wird dabei nach Angaben des Ortsbürgermeisters vermutlich zunächst um das Umfeld des „Siegerländer Doms“ gehen, sind hier die Planungen doch am weitesten fortgeschritten. Auch Niederfischbach-Ost, der Bürgerpark und der Bahnhof sind im Visier. „Wir haben die Pläne in der Schublade“, versprach Otterbach. Allerdings warnte er vor hohen Erwartungen hinsichtlich einer schnellen Umsetzung, sei vieles doch noch mit dem Bohren dicker Bretter verbunden.
Bürgermeister Stötzel hatte den ersten Part der Versammlung übernommen und in über einer Stunde sämtliche Schwerpunkte der Verbandsgemeinde angesprochen – von Schulen bis Feuerwehr, von Windkraft bis Klimaschutz, von Integration bis Finanzen. Dabei kam für Niederfischbach allerdings nur eine echte Neuigkeit heraus: Der für dieses Jahr geplante 2. Bauabschnitt der Rothenbergstraße muss wahrscheinlich verschoben werden, denn: „Auf dem Markt herrschen derzeit Preise wie in der Apotheke“, berichtete Stötzel. Das heißt: Das Ausschreibungsergebnis lag wohl 50 Prozent über der Kostenschätzung der Verwaltung. Vermutlich wird die Ausschreibung nun aufgehoben und im Winter ein neuer Versuch unternommen, wenn man auf bessere Konditionen hofft. Ratsmitglied Marita Wäschenbach fand in diesem Zusammenhang noch einmal deutlich Worte dafür, dass die Verwaltung beim 1. Bauabschnitt keine Anliegerversammlung durchgeführt hatte: „Für alle Beteiligten war das sehr ärgerlich.“
Apropos Straßen: Wenn es in Niederfischbach dann doch ein zentrales Thema gibt, dann ist es der Zustand selbiger. Nichts belaste ihn seit Monaten mehr, sagte Otterbach. Und natürlich ging es einmal mehr um die Klassiker: die Ortsdurchfahrt (K 93) und die Siegener Straße (L 282). Aber auch eine Erschließungsmaßnahme in Hüttseifen liege brach, weil es vonseiten des Kreises und des LBM bislang keine Bewegung gegeben habe, sagte Otterbach, der nach eigenen Angaben zuletzt einige „Dampfhammer-Gespräche“ geführt hat. So könnte sich zumindest am Hüttseifer Weg vielleicht doch etwas tun.
Weniger gut sind die Perspektiven für die Kreis- und die Landesstraße: LBM-Chef Lutz Nink habe verlauten lassen, dass vor 2020 noch nicht einmal mit den Planungen zu rechnen sei, so der Ortsbürgermeister. Vermutlich werde aus Tempo 30 im nächsten Jahr Tempo 10: „Dann schieben wir die Autos durch den Ort.“ Erschwerend kommt hinzu, dass wohl immer mehr Schwerlastverkehr auf besagten Straßen durch den Ort rollt, wie ein Zuhörer kritisch anmerkte.
Was den Ortsbürgermeister frustriert: Fast täglich beschwerten sich die Leute bei ihm über den katastrophalen Zustand, obwohl die Ortsgemeinde weder zuständig sei noch Einfluss habe. So könne er nur jedem raten, sich direkt an den Kreis oder den LBM zu wenden. Stefan Strunk vom Kirchener Bauamt ergänzte, dass man seit rund 15 Jahren „gebetsmühlenartig“ die Situation anspreche. Otterbach will jedenfalls beim nächsten Ortstermin festgehalten wissen, dass jemand die Verantwortung übernimmt.
Es gibt aber (neben dem Förderprogramm) auch noch Lichtblicke: Der Breitbandausbau wird bald auch Niederfischbach erreichen – endlich, möchte man meinen. Mitte 2019 könnte das Projekt abgeschlossen sein. Und wer weiß: Vielleicht wird sich eines Tages ja auch ein neuer Gastronom für den Bürgerpark finden. Das erscheint derzeit jedenfalls wahrscheinlicher, als dass wieder gastronomisches Leben am Tüschebachsweiher oder im Hotel Bähner einzieht. So wünschte es sich Wolfgang Stock, der seine Mitbürger zu mehr Eigenverantwortung und Aktivitäten aufrief. Zudem sollte seiner Meinung nach mehr für Kinder im Ort gemacht werden, Stichwort Spielplätze. Doch da hob Otterbach mahnend die Hand: Angesichts des demografischen Wandels und finanziellen Drucks werde es der Ortsgemeinde kaum möglich sein, künftig alle zehn Anlagen weiter zu unterhalten.
Die nächste Einwohnerversammlung in Mudersbach dürfte unter Umständen spannender werden…
Quelle: Siegener Zeitung. 22.06.2017