Zu viel Geld vom Staat kassiert

Betzdorf/Niederfischbach. „Machen Sie es schriftlich. Das ist das A und O.“ Diesen praktischen Tipp hatte Richter Tim Hartmann jetzt für Werner H. parat. Werner H. (Name geändert), 63 Jahre alt, hatte gegen einen Strafbefehl Einspruch erhoben, deshalb war es zur Verhandlung im Betzdorfer Amtsgericht gekommen.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Werner H. soll von Juni bis August vergangenen Jahres Arbeitslosengeld bekommen haben – allerdings zu viel davon. 526 Euro waren in diesem Zeitraum auf das Konto des Niederfischbachers geflossen, allerdings hatte er zu diesem Zeitraum eine 450-Euro-Beschäftigung. Das, so der Vorwurf, habe er der Agentur für Arbeit nicht mitgeteilt. Dass er im Juni den 450-Euro-Job – der wegen der Pandemie zeitweilig vom Unternehmen gekündigt worden war – wieder aufgenommen hatte und dass dennoch das Geld von der Agentur für Arbeit auf seinem Konto gelandet war, stritt Werner H. auch gar nicht ab. Allerdings, so schilderte er die Sache, habe ihm zum einen eine spezielle Nummer für die Rücküberweisung gefehlt. Zum anderen habe er durchaus Kontakt mit der Behörde aufgenommen – und zwar mehrfach.

Es sei ohnehin schwierig gewesen, jemanden ans Telefon zu bekommen, aber er habe dann insgesamt drei Mal mit jemanden gesprochen und von seinem Job berichtet.

Ihm sei dann zugesichert worden, dass ihm eine neue Leistungsberechnung zukommen würde, aber erst im August habe das dann geklappt. Besagte Nummer, so Werner H. auf Nachfrage von Tim Hartmann, fehle allerdings immer noch.

Das sollte sich allerdings sehr plötzlich ändern. Denn noch während sich Staatsanwalt Simon mit Werner H. darüber austauschte, ob nicht irgendwann ein schriftlicher Hinweis an die Agentur für Arbeit sinnvoll gewesen wäre, wurde der Richter in den Akten fündig.

Dort fand sich nämlich durchaus ein Schreiben an Werner H., das mit dem dem Passus „Bitte überweisen Sie den Betrag…“ begann und mit einer Bankverbindung endete. „Was machen wir denn damit?“, fragte Hartmann mehr rhetorisch.

Und der Staatsanwalt brachte die Sache auf den Punkt: „Es sieht schlecht für Sie aus.“ Er baute Werner H. dann allerdings eine Brücke. Er solle den Einspruch gegen den Strafbefehl nur auf die Tagessatzhöhe beschränken. 40 Mal 50 Euro, das könne mit Blick auf die Einkommenssituation von Werner H. ohnehin etwas hoch gegriffen sein. Der 63-Jährige tat es wie geheißen und beschränkte seinen Einspruch.

An Tim Hartman aber war es, das Urteil zu fällen – und das lautete: 40 Tagessätze à 25 Euro wegen Betrugs.

Und zuletzte sein Tipp, wie schon vom Staatsanwalt: Besser im Zweifelsfall alles schriftlich regeln.

Quelle: Siegener Zeitung – 08. Mai 2021